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Haushalt der Stadt Schönsee: Warum die Stadträte der Bürgerliste Miteinander ablehnen mussten

Die mit Spannung erwartete Haushaltsberatung des Stadtrates Schönsee am 11. Mai 2021 endete nach 5-stündiger (!) Marathon-Sitzung ernüchternd. Am Ende stimmten die Stadträte der Freien Wähler, der SPD, der Freien Wählergruppe Schönsee-Ost und der Freien Wählergruppe Gaisthal mit 9 Stimmen für die Verabschiedung des Haushaltes, die Stadträte der Bürgerliste Miteinander und der CSU dagegen. Wo doch ein geschlossenes Votum für den Haushalt das Ziel eines jeden Bürgermeistern sein müsste, wie konnte es dazu kommen? Hier die Erzählung dazu aus Sicht von Josef Eibauer, Fraktionsvorsitzenden der Bürgerliste Miteinander.

Information und Transparenz? Fehlanzeige.

Hieß es das nicht mal vor etwas mehr als einem Jahr? Die Amtszeit eines Bürgermeisters Kreuzer würde geprägt sein von offener Diskussionskultur, Information und Transparenz? Jede Sitzung würde unter den Fraktionsvorsitzenden ausreichend vorbesprochen werden, um alle Fragen zu klären?

Das hat sich nicht bewahrheitet, im Gegenteil. Einen Haushaltsentwurf von 162 Seiten bekommt man dann natürlich erst am Tag der Sitzungseinladung, 7 Tage vor der Sitzung zugestellt. In diesem Zeitraum sollte man sich dann möglichst schnell ein Urteil über das millionenschwere Zahlenwerk bilden. Davon, dass andere Kommunen die Vorberatung des Haushaltes in der einen Sitzung und den Beschluss in der nächsten Sitzung aufteilen, hat Herr Kreuzer noch nicht gehört. Oder nicht hören wollen?

So muss man sich dann auf eine lange Sitzung einstellen. Aber dass diese mehr als 5 Stunden dauern wird, ist eine Unverschämtheit am Stadtratsgremium sowie an dem Bürger, der diesem Marathon nicht folgen kann. A prospros: dass man einer Stadtratssitzung Stunden lang in einem seperaten Gebäude über Videostream folgen muss und dabei akustisch nicht viel versteht von den Dingen, die besprochen werden, haben wir einzig und allein dem Bürgermeister zu verdanken. Wie schon mehrmals angesprochen gäbe es einen ausreichend großen Sitzungssaal, der genügend Zuhörer mit Abstand beherbergen könnte – die Aula der Stadt Schönsee. Dies ist nicht gewollt. Warum wohl?

So geht man als Stadtrat der unerwünschten Fraktionen (dies gilt leider auch für die Bürgerliste Miteinander) ohne Kontext in die Sitzung. Zum Glück gibt es da noch die exzellente Kämmererin, die wenigstens die gröbsten Fragen der Haushaltsansätze im Vorfeld erklären kann.

„Pi-Mal-Daumen“-Schätzungen im Millionenbereich. Seriöse Haushaltsplanung geht anders.

So richtig spannend wurde es gegen 23 Uhr, als sowohl die Presse und die Zuhörer bereits die Segel gestrichen hatten: die langfristige Finanzplanung der Jahre 2022 bis 2024. Nachdem Kreuzer bereits 2020 eine desaströse Haushaltslage monierte, um dann im Laufe des Jahres zurückzurudern (als klar wurde, dass Amtsvorgängerin Höcherl anders als behauptet keinen Schuldenberg hinterlassen würde) stehen jetzt tastächlich Schulden auf dem Programm. In den Jahren 2021 bis 2024 ist die Aufnahme von knapp 3 Millionen Euro Schulden geplant. Und das sind keine Eibauer-Schulden, das sind keine Höcherl-Schulden, das sind Kreuzer-Schulden.

Nun ist grundsätzlich in Zeiten niedriger Zinsen an der Schuldenaufnahme nichts auszusetzen. Wenn aber ohne Not vom frisch gewählten Amtsinhaber Kreuzer permanent die Vorgänger Höcherl und Eibauer sowie indirekt die damals handelnden Stadträte für eine offenbar niemals endende Liste an angeblichen Versäumnissen durch den Dreck gezogen werden (soviel zum Bestreben, ein Bürgermeister der Einigkeit zu sein), dann schauen wir doch mal genauer hin.

Besonders große Posten stellen zum Beispiel Ausgaben für das BürgerAktiv Zentrum (1,64 Mio Ausgaben in 2021/22 vs. 1,14 Mio Einnahmen in 2021/22) sowie der Ausbau Freyung (0,5 Mio Ausgaben in 2021/22 vs. 0,4 Mio Einnahmen in 2021/22) dar. Diese Posten sind übrigens nicht umstritten. Es gibt genug Themen, bei denen wir Stadträte an einem Strang ziehen. Es wird uns nur so schwer gemacht…

Kommen wir den Themen, wo wir Stadträte von der Bürgerliste Miteinander genauer nachfragen mussten, weil in einer regulären Sitzung schlicht und ergreifend noch kein Wort darüber verloren worden ist: das Seniorenheim (geplant von Bürgermeister Kreuzer in der Altstadt) und der Neubau der STE (geplant von Bürgermeister Kreuzer am Schulsportplatz). Jetzt summieren sich die langfristigen Ausgaben für 2021 bis 2024 aus diesen 2 Posten aber auf 433.500 (Seniorenheim) für Grundstückskäufe und 345.000 (STE) für den Bau einer rückwärtigen Erschließung, also insgesamt 0,78 Millionen Euro.

Jetzt fragen Sie sich, diese Themen haben wir bestimmt eingehend vorher besprochen, oder? Dass in Rahmen einer Diskussion im Stadtrat die Kosten für Grundstückskäufe für ein Seniorenheim, die Einnahmen aus Grundstückverkäufen an einen noch zu findenden Investor, die Ausbauform und die Kosten einer rückwärtigen Erschließung zum Schulsportplatz sowie die Einnahmen aus den Grundstückverkauf an diesen auch noch zu findenden Investor sowie die Höhe der zu erhebenden Erschließungsbeiträge gemeinsam debattiert worden wären? — Natürlich nicht. All diese Entscheidungen trifft Reinhard Kreuzer alleine bzw. im vertrauten Kreis seiner Koalition. Dies ist ein eklatanter Bruch mit den Gepflogenheiten anständiger Stadtratsarbeit. Wie soll da ein Teamgedanke entstehen, ja, ein Miteinander?

Übrigens: auf unsere kritische Nachfrage hin, warum für das Bauprojekt Seniorenheim (das wir übrigens im Kern vollauf unterstützen!) nur Ausgaben für Grundstücksgeschäfte vorsieht, aber keine Einnahmen, entgegnete die Kämmererin, dass das Projekt noch zu unsicher sei, deshalb dürfe sie auf der Einnahmenseite nichts verbuchen. Geld ausgeben für ein Projekt, das noch Meilenweit davon entfernt ist, Realität zu werden, das geht. Aber mit Einnahmen aus diesem Projekt zu planen, das geht nicht? Verrückt.

Auf den guten Vorschlag von Stadtratskollegen Irlbacher mit notariell beglaubigten Vorverträgen zu arbeiten und bei absehbarer Realisierung des Projekts den Investor direkt die benötigten Grundstücke erweben zu lassen (dadurch entsteht für den Haushalt der Stadt nicht diese Form der Belastung) erntet man nur vielsagendes Schweigen. Selbiges Problem bei der STE: mit dem Ausbleiben jeglicher Vorbereitung des Themas im Stadtrat wurde die Verwaltung angewiesen, eine Erschließungsstraße für den Bau der STE am Schulsportplatz vorzubereiten. Die Baukosten (inkl. Planungskosten) wurden dabei auf 345.000 Euro geschätzt. Auf was basieren diese Schätzungen? Antwort geschäftsführender Beamter im Rathaus: auf „Pi-Mal-Daumen“. Sprachlosigkeit. Für eine Erschließungsstraße von ca. 900 Metern länge kommt man, je nach späterer Nutzung, auf ganz andere Beträge. Und überhaupt, seit wann erschließt die Stadt Schönsee privatwirtschaftliche Bauprojekte? Aufgrund welcher Vereinbarung? Und was ist mit dem Geld, dass uns dann an anderer Stelle fehlt, zum Beispiel für den Ausbau der Böhmerwaldstraße? Wie soll man diese Diskussion dann um 23:55 führen können?

Sparen an unserer etablierten Kulturdrehscheibe? Das falsche Signal zur falschen Zeit.

Stadtratskollege Schiller hat, nachdem er mit kräftiger Verspätung zur Sitzung erschien, freundlicherweise bis kurz vor knapp um 00:00 Uhr damit gewartet, seinen jährlichen Antrag zur Reduzierung des Zuschusses an das Cebb (bzw. dessen Trägerverein Bavaria Bohemia e.V.) zu stellen. Der Antrieb war der übliche: die Stadt Schönsee sollte nicht in diesem Maße für die Bezuschussung einer Kultureinrichtung gerade stehen müssen. Über Sinnigkeit und Unsinniglkeit dieses Wunsches ist schon viel diskutiert worden. Meine Argumentation lautet kurz und knapp: das CeBB bringt der Stadt so viele Vorteile, dass der Zuschuss von 10.000 Euro + Hilfe des Bauhofs (2019: 3.352 EUR) gerechtfertigt ist. Bavaria Bohemia und das Team des Cebb arbeiten dafür, dass ein zentrales, historisches und architektonisch herausragendes Gebäude mitten im Stadtkern mit Leben erfüllt wird, dass unserer Stadt Schönsee Publicity, Tagestouristen und kulturelle Bereicherung für die Bevölkerung einbringt. Es gibt wahrlich andere Stellen im Haushaltsentwurf von Reinhard Kreuzer, wo mit Geld nur um sich geschmissen wird, aber der Nutzen nicht so klar auf der Hand liegt, wie hier.

Nichtdestotrotz, die Mehrheit steht. Die Stadtratskollegen Hopfner, Fleißer, Prässl, Gillitzer, Wendel, Hammerer und Placke waren offenbar so beeindruckt von der Rede des Kollegen Schiller (Zitat: „Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit spare ich mir die Begründung. Ihr wisst ja, um was es geht.“), dass sie dem Antrag auf die Reduzierung der Beihilfe zum Betrieb des CeBB um die Hälfte sogleich erstmals zur Mehrheit verhalfen. Was das für ein Signal sendet an die Belegschaft des CeBB, dass sich für die Kulturpflege der Stadt Schönsee unter schwierigen Corona-Bedingungen einsetzt? Wer weiß. Was das für ein Signal sendet an die zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Trägerveriens Bavaria Bohemia, die z.B. etliche Stunden dafür opfern, um die städtische Tourist-Information auch am Wochenende geöffnet zu halten? Wer weiß. Was das für ein Signal sendet an andere Bezuschusser des CeBB-Betriebs wie örtliche Firmen, den Landkreis Schwandorf, den Freistaat Bayern und andere? Wer weiß.

Fazit

Diese drei Gründe – mangelndes Fairplay in der Vorbereitung, intransparente Pi-Mal-Daumen Schätzungen im Millionenbereich und ein Sparen am falschen Ende bei der Kulturpflege haben uns Stadträte der Bürgerliste Miteinander zur Ablehnung des vorgelegten Haushaltsentwurfs gezwungen. Wir können nur hoffen, dass sich Bürgermeister Kreuzer seiner Wahlversprechen besinnt und mehr Information, Teamwork und Behutsamkeit im Rathaus Einzug halten. Wir sind mit der Botschaft „Miteinander“ an den Start gegangen – aber aller Wille zur Kooperation hat seine Grenzen, wenn sich das Gegenüber angesichts gewisser Mehrheiten im Stadtrat systematisch abwendet. Auf bessere Zeiten.

Euer Fraktionsvorsitzender der Bürgerliste Miteinander Josef Eibauer